Licht für Gesundheit

CyberLux

Was ist "Messen und Bewerten"?


Wie lang ist ein Kilometer?

Wie würden Sie auf diese Frage antworten? Etwa so? Ein KILOmeter ist exakt 1.000 Meter. Und was bitte ist ein METER? Ein Ergebnis der Französischen Revolution! Man wollte damals nicht nur von Adligen und Königen, sondern endlich auch von Ellen, Klaftern, Zentnern, Pfunden und ähnlichen Maßen wegkommen und beschloss auf höchster Ebene, die wichtigsten Maßeinheiten gesetzlich festzulegen. So entstanden „Urkilo“ und „Urmeter“, die sich immer noch in ihrem Ursprungsort, in Paris befinden. Ein Meter ist der 40millionste Teil des Erdumfangs am Äquator. Deutschland übernahm den Meter ganze 80 Jahre später – und verbot im Gegenzug Einheiten wie Spanne und Faden. Seitdem wird die Länge von Stoffbahnen, Schwimmbahnen oder Autobahnen nicht in Ellen oder Klaftern gemessen, sondern eben im Vergleich zum Urmeter. (Nur Segler müssen sich mit Größen wie Kabel herumschlagen (220 Meter, Länge einer Trosse)

Bild 1 Der Urmeter und das Urkilogramm; beide aus einer Platin-Iridium Legierung. Diese Legierung wurde aufgrund ihrer Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen wie Temperatur gewählt. An den Enden des Urmeters sind je drei Kerben, von denen jeweils die mittlere genommen genau den Abstand „ein Meter“ haben. (aus http://wwwex.physik.uni-ulm.de/lehre/hauptseminar2000-2001/laenge/sld014.htm)

Der Meter ist zwar exakt, aber nicht so anschaulich wie die Elle. Daher benutzen Menschen, die häufig mit Längen umgehen, ihr eigenes Maß, bei kleinen Längen die Spanne (etwa 20 – 25 cm, Hand eines Erwachsenen), beim Zusammenlegen von Seilen die Elle (ca. 55 cm, etwa Fingerspitze bis Ellbogen), freilich ohne sie beim Namen zu nennen. So erklärt verstehen wir eine Länge besser als wenn uns jemand sagt, die Länge des gerade zusammen gelegten Seils (z.B. 10 m) wäre das Zehnfache vom 40millionstel des Erdumfangs. (Warum wir solche Angaben nicht so gut verstehen, kann man an einem Beispiel sehen. Bitte hier klicken).

Größen wie Pfund oder Zentner als Einheit oder gar Viertel(-pfund) als Portionsgröße zum Auspreisen im Laden mussten etwa 100 Jahre nach Einführung des Kilo in Deutschland mit einem Gesetz und unter Androhung von Strafen aus dem Verkehr gezogen werden. Aus den Köpfen lassen sie sich indes nicht verbannen, weiß man doch wie viele Scheiben Schinken auf ein Viertelpfund gehen.

Wie lang ist nun ein Kilometer tatsächlich? Wenn man Menschen nach ihrer Intuition fragt, wird man höchst unterschiedliche Antworten bekommen. Ein Kilometer auf einer gut ausgebauten Autobahn in einem schnellen Auto (200 km/h) sind 18 Sekunden oder ein paar Atemzüge, während die gleiche Strecke bei einer Wüstenwanderung ohne Wasser eine alptraumhaft lange Reise bedeuten kann. Das bedeutet, dass eine objektiv gemessene Größe für jeden Fall oder für jede Person eine andere Bedeutung haben kann. Auch deswegen trennt man Messen vom Bewerten.

Leider ist die Frage, wie lang ein Kilometer ist, auch nach einem exakten Messen (1.000 x Urmeter) und einem sachgerechten Bewerten (im Auto auf der Autobahn oder ohne Schuhwerk in der Sahara) immer noch nicht einwandfrei beantwortbar. Es gibt nämlich auch den Fall, dass eine gemessene Strecke von einem Kilometer auch mal drei Kilometer lang sein kann, ohne dass dies ein Widerspruch in sich ist. Man stelle sich vor, dass der Betreiber der Hotelanlage in dem unteren Bild angibt, der Strand zwischen den beiden rot markierten Stellen sei einen Kilometer lang, wie man exakt durch Messen festgestellt hat. Stimmt das?

Es kommt darauf an! Z.B. darauf, was man unter „Strand“ versteht. Für die meisten Menschen ist ein Strand die Stelle, an der das Land das Meer trifft. Dessen Länge kann man z.B. aus einer Luftaufnahme ermitteln, mit einem Bandmaß messen, oder aber grob durch abschreiten schätzen. Ob einer auf die Idee kommt, die benetzte Länge aller Sandkörner zwischen den roten Markierungen zu messen? Die benetzten Teile der Sandkörner stellen nämlich die wahren Stellen dar, an denen das Meer das Land trifft. Physiker haben theoretisch ermittelt, dass der so gemessene Strand auch mal 20 km lang sein kann, wenn dessen stolzer Besitzer meint, er sei nur einen Kilometer lang. Für den Touristen, der mal schnell zwischen den Markierungen rennt, stimmt das in etwa. Ein Wanderer, der stets die gerade nass gewordene Stelle am Wasser entlang wandert, wird der abgebildete Strand etwa 1,5 bis 2 km lang sein, für den Physiker eben das Zehnfache oder auch mal länger. Wie lang er für einen Sandfloh ist, der auch noch die Sandkörner hoch und runter steigen muss, kann man nur erahnen.

Das bedeutet, dass auch ein objektiv ermitteltes Maß nicht unbedingt „objektiv“ vorliegen muss. Es hängt von der Absicht ab, mit der man misst, und von dem Messverfahren, das man für geeignet hält. (Man denke nur an die schönen runden vorschriftsmäßigen holländischen Tomaten, die allen möglichen Anforderungen genügen, aber deren Geschmack nicht gemessen wird.)

Wen interessiert denn, dass ein Kilometer mal so mal so lang ist?

Eigentlich jeden, der etwas baut, aussucht, kauft, verkauft, benutzt oder konsumiert. Die besondere Bedeutung unterschiedlicher Mess- und Bewertungsmethoden für Licht wird in dem Hauptartikel dargestellt, während hier das allgemeine Problem behandelt wird.

Was das Bewusstsein für das Problem für Vorteile haben kann, kann man z.B. aus den Akten der Immobilienaffäre Schneider lesen, aber nicht nur dort. Der im Jahre 1994 mit einem Schaden von ca. 2,6 Milliarden Mark Pleite gegangene Dr. Schneider hat den größten Teil der erschwindelten Summen durch Schönrechnen der Mietflächen seiner Objekte erzielen können, d.h. durch Gleichsetzen von Bruttogeschossfläche (BGF) und Mietfläche. Die sind aber nur manchmal gleich, manchmal aber sehr unterschiedlich. Wer ein ganzes Gebäude mietet oder erstellt, rechnet tatsächlich auf der Basis der BGF, wer hingegen in einem Mietshaus X m2 Büro mietet, zahlt meistens die gemieteten Räumlichkeiten. (Die anderen Flächen zahlt er naturgemäß auch mit, aber nur indirekt.) Für die meisten Geschäftshäuser beträgt die „Bürofläche“ nur etwa 50% der BGF. Wenn Dr. Schneider also behauptet hat, er besäße 100.000 m2 Büro, könnte sein echt vermietbarer Besitz nur die Hälfte betragen haben. (Vor einer Wiederholung des Tricks im Alltag, etwa bei einer Wohnungsvermietung, sei gewarnt. Wer 87 m2 Wohnung vermieten möchte, muss die wirklich nachweisen können.)

Auch Vorschriften gehen mit „wahren“ Gegebenheiten nicht viel sorgfältiger um. So hat eine Zahlenangabe (8-10 m2 im Durchschnitt) seit dem Jahre 1976 Eingang in Tausende von Betriebsvereinbarungen gefunden – als Richtgröße für die Bürofläche für einen Mitarbeiter. Sie stammt aus den „Sicherheitsregeln für Büro-Arbeitsplätze“ – und macht leider so keinen Sinn. Als die Vorschrift verfasst wurde, gab es in Deutschland nämlich ca. 33 m2 Fläche pro Mitarbeiter! Wozu dann 8-10 vorschreiben? Warum mussten sich Viele eingeengt fühlen, obwohl man etwa drei Mal so viel Fläche hatte, als in der Vorschrift gefordert? Zuweilen sogar mehr als in der eigenen Wohnung!

Weil ein Quadratmeter Bürohaus nicht immer ein Quadratmeter nutzbares Büro ist. Die Rechnung geht so: Die Fläche von 33 m2 ist Bruttogeschossfläche. Im Schnitt weist ein Bürohaus ca. 50% davon als „Bürofläche“ auf, d.h. 15 m2. Das wäre immer noch mehr als gefordert. Je nach Besiedlung eines Bürohauses stehen den Mitarbeitern aber nur 6 m2 zur Verfügung, weil der Rest für andere Zwecke verwendet wird (z.B. Vorstandssuiten, Schulungszentren oder repräsentativ aussehende Foyers). So gesehen, macht die Vorschrift wieder Sinn.

Können ehrliche Wörter lügen?

Auf jedem Fachgebiet entwickelt sich im Laufe der Zeit eine „Fachsprache“, weil die allgemeine Sprache entweder nicht ausreicht oder zu umständlich ist oder zu unpräzise. So kann man Diamanten, Kaviar und Hafer zwar in Kilogramm messen, „Fachleute“ werden aber nicht immer glücklich damit. Wenn Diamanten in kg gemessen werden, so weiß der Fachmann, dass es sich um industriell verwertbare harte Steine, meist in winzigen Größen, handelt, die den Namen „Edelstein“ nicht so recht verdienen. Edelsteine werden in Karat gemessen, das war einst das Gewicht des Samens des Johannisbrotbaums. Ein kg sind 5.000 Karat. Man könnte vielleicht den teuersten Kaviar auch in Karat messen, weil man sich nicht viel davon leisten kann, aber bestimmt nicht den Hafer. Für den ist der Zentner die richtige Maßeinheit. Niemand wird 250.000 Karat Hafer für sein Pferd kaufen wollen. Und ein Juwelier wird nicht fragen, ob der Diamant auf dem Verlobungsring exakt 0,000004 Zentner sein soll oder eher etwas größer sein darf.

Die Differenzierung der Fachsprachen fängt naturgemäß nicht erst bei der Gewichtseinheit an. Sie benutzen harmlos aussehende Wörter aus der Umgangssprache mit gewissen Änderungen für ihre Zwecke, manchmal so, dass Außenstehende die Bedeutung nicht mehr erkennen können. Beispielsweise ist in einer „Hochdrucklampe“ überhaupt kein Hochdruck, wie man ihn aus Gasflaschen kennt. In diesen Lampen ist der Druck etwa so hoch wie an der freien Luft und sie zerbrechen einfach wie Fensterglas, wenn man mit dem Hammer darauf schlägt. Explosiver sind Höchstdrucklampen, aber ihnen genügen ca. 10 bar Gasdruck, und das ist nur etwas mehr als im Reifen eines Geländerads, während man bei Tanks für Atemluft 200 bar als normal ansieht. Wenn man die Tanks als „Superhöchstdruckflaschen“ bezeichnen würde, würden die meisten Sporttaucher wahrscheinlich lieber Schnorcheln gehen.

So lange ein Begriff aus einer Fachsprache in dieser verwendet wird, kann man davon ausgehen, dass er hinreichend genau und brauchbar ist. Problematisch wird es indes, wenn in einer Fachsprache Wörter aus der Umgangssprache in einer spezifischen Bedeutung, sogar zuweilen in einer anderen, verwendet werden. So nehmen z.B. Juristen gerne häufig benutzte Wörter und geben ihnen eine besondere Bedeutung. Wenn sie sich mit Arbeitsrecht beschäftigen, bedeutet z.B. das Wort „Belastung“ überhaupt nichts Negatives, für jeden normalen Menschen aber schon. Bis vor kurzem waren Tiere für den Juristen lediglich „Sachen“, was ein stolzes Herrchen von einem verwöhnten Schoßhund mit Sicherheit weit von sich weisen wird.
Aber nicht nur Juristen benutzen Wörter aus der Umgangssprache in recht eigenwilliger Bedeutung, auch Techniker frönen dieser Sünde. Zum Beispiel nennen sie den Stoff, der die Energie in einem Kernkraftwerk hergibt, Brennstoff, obwohl in einem solchen Ort wirklich nichts brennen darf. Und den Prozess, den sie da betreiben, nennen sie „Energieerzeugung“, obwohl jedes Kind in der Schule lernt, dass man Energie nicht erzeugen kann.

Am schlimmsten agieren aber Leute, die Begriffe aus anderen Welten für ihren Bedarf zurechtbiegen. Und damit haben wir auch in der Lichttechnik zu tun – nicht etwa an unwichtiger Stelle, sondern genau dort, wo man das Allerheiligste begründen will, höhere Beleuchtungsstärken. Ein Bild, das selbst in der Psychologie Zugang gefunden hat, lügt am dreistesten mit Hilfe eines psychologischen Begriffs, Ermüdung (Bild 2). Dreist, weil ein Psychologe die Lüge ganz einfach durchschauen könnte, aber vermutlich nicht tun wird, da der Begriff jedem geläufig ist. Und das was das Wort Ermüdung aussagt, kennt doch jeder!? Aber nicht den Kniff, den hier Marketingexperten anwenden.


Bild 2 Angebliche Beziehung zwischen der Beleuchtungsstärke, der Arbeitsleistung und der Ermüdung. Das Bild wird seit Jahrzehnten in vielen Publikationen abgedruckt, das abgebildete stammt aus Schmidtke „Lehrbuch der Ergonomie“ (Ausgabe 1981) und wird dort ausführlich von einem Physiologen kommentiert.

Die „Leistung“ in diesem Bild gibt nicht etwa die Arbeitsleistung an, die Menschen in Räumen mit der entsprechenden Beleuchtungsstärke erreichen würden. Der Begriff steht für die Menge von Perlen, die Versuchspersonen in einem Kurzzeitversuch aufgefädelt haben. Die angegebene Beleuchtungsstärke hat vermutlich nur auf den Perlen geherrscht, aber nicht über der ganzen Versuchsperson. Dies könnte man noch als eine Unvollkommenheit des Versuchs durchgehen lassen. Aber nicht den Begriff „Ermüdung“. Die kann nämlich auch heute niemand messen, schon gar nicht auf 0,5 % genau. Wenn man die Beleuchtungsstärke von 200 lx auf 1000 lx erhöht, nimmt die Ermüdung, jedenfalls nach diesem Bild zu urteilen, genau um 0,5% ab. Wie hat man die bloß gemessen? Um die Leistung um etwa 1% zu steigern, muss man die Beleuchtungsstärke von 300 lx auf 1000 lx erhöhen! Schöner Gewinn bei einer Steigerung des Energieverbrauchs um das 3,3-Fache!

Bleibt zu erwähnen, dass die hier so illustrativ dargestellte Ermüdung gar keine ist. Es handelt sich um die in der Zeiteinheit entstandenen Fehler. Wer das Bild auch erstellt haben mag, meinte, dass man mit zunehmender Ermüdung mehr Fehler produziere, daher wären geringere Fehler mit weniger Ermüdung gleich zu setzen. Sein Bild wird fast immer ohne Quellenangabe zitiert und ist somit zu einer Art Wahrheit mutiert, die man nicht mehr hinterfragt.

Wie sollte man vorgehen?

Man liegt meistens auf der sicheren Seite, wenn man ein Maß auf dem Gebiet verwendet, auf dem es entstanden ist. Hingegen muss man immer vorsichtig sein, wenn man die Maße anderer verwenden will oder muss. Doppelt und dreifach sollte man bei Zitaten sein, die ein Nicht-Eingeweihter aus einem ihm unbekannten Fachgebiet ohne die berühmten Gänsefüßchen schreibt und kommentiert.
Sicher geht man dann, wenn man sich über die fünf W´s Klarheit schaffen kann:

· WER hat gemessen?

· WIE hat er gemessen?

· WAS hat er gemessen?

· WARUM hat er gemessen?

· WAS hat er weggelassen?

Wer sich nicht so viel Arbeit machen möchte, sollte wenigstens im Hinterkopf behalten, dass Zahlen und objektive Fakten zwei Paar Stiefel sind. Wenn ein Mensch in seiner Umgebung „Licht macht“, möchte er eine helle und farbenfrohe Umgebung schaffen. Man kann an dem Licht zwar viele Eigenschaften messen, aber weder die Helligkeit noch die Farben, die einer sieht. Die beiden existieren nur im Gehirn dieses einen Menschen.

Zurück zum Haupttext


© 2003 Dr.-Ing. Ahmet Çakir

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kategorien